Wahlverfahren nach dem Hessischen Kommunalwahlgesetz

Im Hessischen Kommunalwahlgesetz sind zwei unterschiedliche Wahlverfahren für Wahlen der kommunalen Vertretungskörperschaft vorgesehen: das Mehrheits- und das Verhältniswahlverfahren.
Zwar gilt für Kommunalwahlen in Hessen grundsätzlich das Verhältniswahlprinzip, jedoch wird ausnahmsweise nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl gewählt, wenn nur ein Wahlvorschlag zugelassen ist.

Bei einer Mehrheitswahl ist derjenige Bewerber gewählt, der die meisten gültigen Stimmen erhält.

Jeder Wahlberechtigte hat so viele Stimmen, wie Vertreter zu wählen sind.

Ist nur eine Stelle zu vergeben, ist derjenige Bewerber gewählt, auf den die meisten Stimmen entfallen. Sind mehrere Vertreter zu wählen und ist nur ein Wahlvorschlag zugelassen, entscheidet die Zahl der auf die einzelnen Bewerber entfallenen Stimmen.

 
Während bei der Mehrheitswahl die Mehrheit der erreichten Stimmen für den Erfolg ausschlaggebend ist, werden bei der Verhältniswahl die zu vergebenden Mandate entsprechend dem Erfolg der Vorschlagslisten und der einzelnen Bewerber bei den Wahlberechtigten verhältnismäßig aufgeteilt.
Die Wähler können so viele Stimmen vergeben, wie Mandate zu besetzen sind. Beispiel: Bei der Wahl der Stadtverordnetenversammlung in Hanau sind 59 Stadtverordnete zu wählen. Daraus folgt, dass die Hanauer Wähler bei dieser Wahl 59 Stimmen haben.

Die personenbezogene Verhältniswahl bietet dem Wähler verschiedene Möglichkeiten, seine zahlreichen Stimmen auf die Bewerber zu verteilen. Er kann seine Stimme einzeln auf die von ihm bevorzugten Bewerber vergeben und neben dem Kumulieren und Panaschieren Listen wählen und Bewerber streichen. Alle diese Möglichkeiten der Stimmabgabe können auch miteinander kombiniert werden.

Kumulieren
Der Wähler kann einzelnen Kandidaten bis zu drei Stimmen geben.

Panaschieren
Der Wähler kann seine Stimmen an die Kandidaten verschiedener Wahlvorschläge (also Parteien oder Wählergruppen) verteilen.

Bei der Vergabe der Stimmen ist stets darauf zu achten, dass nicht mehr Stimmen vergeben werden als dem Wähler zustehen.Wird das Stimmkontingent überschritten, besteht die Gefahr dass die Stimmabgabe ungültig ist.
Bei einer Verhältniswahl in Hessen erhält jede Partei oder Wählergruppe die ihrem Anteil an den gültigen Stimmen entsprechenden Zahl von Sitzen. Für jede Liste wird dies nach dem Hare Niemeyer Verfahren errechnet.

Die Ermittlung des Wahlergebnisses erfolgt dabei wie folgt:

Zunächst werden die auf die Parteien oder Wählergruppe entfallenen Mandate ermittelt:

Es werden alle auf die Partei oder Wählergruppe entfallenen Stimmen (also alle kumulierten und panaschierten Einzel- und Listenstimmen)addiert. Für jeden Wahlvorschlag wird nun eine mahematische Proportion nach folgender Formel erstellt:

Zahl der insgesamt zu vergebenden Sitze
x
Gesamtzahl der für die Bewerber eines Wahlvorschlags abgegebenen gültigen Stimmen
/
Gesamtzahl der für die Bewerber aller Wahlvorschläge abgegebenen gültigen Stimmen

Die Berechnung wird durch das folgende Beispiel verdeutlicht:

In einer Gemeinde sind 15 Sitze zu vergeben. Es sind 19.800 gültige Stimmen abgegeben worden, von denen auf die A-Partei 8.100 Stimmen, die B-Partei 4.500 Stimmen und die Wählergruppe C 7.200 Stimmen entfallen.

A-Partei 15 x 8.100 / 19.800 = 6,13

B-Partei 15 x 4.500 / 19.800 = 3,40

Wählergruppe C 15 x 7.200 / 19.800 = 5,45

Da Sitze nicht geteilt werden können, erhält jede Liste zunächst so viele Sitze, wie es dem ganzzahligen Anteil ihres Ergebnisses entspricht:

A-Partei: 6,13 Sitze: 6

B-Partei: 3,40 Sitze: 3

Wählergruppe C: 5,45 Sitze: 5

Von den 15 zu besetzenden Sitzen bleibt einer übrig; den Restsitz erhält die Liste mit dem größten Zahlenbruchteil, also die Wählergruppe C.

Mehrere Restsitze werden in der Reihenfolge der größten Zahlenbruchteile zugeteilt.

Im Endergebnis bedeutet dies, dass die

A-Partei 6 Sitze

B-Partei 3 Sitze

Wählergruppe C 6 Sitze

erhält.

Nachdem die Gesamtzahl der Sitze für die einzelnen Wahlvorschläge ermittelt wurde, werden nun die von einer Liste gewonnenen Sitze auf ihre Bewerberinnen und Bewerber verteilt. Hierfür ist die Reihenfolge, die sich aus der Zahl der Stimmen ergibt, die die einzelnen Kandidaten erhalten haben, maßgeblich. Haben zwei Bewerber die gleiche Stimmenzahl erhalten, entscheidet der bessere Listenplatz.
Rechtgrundlagen
Die nachfolgenden Links enthalten die rechtlichen Vorschriften zum Kommunalwahlverfahren in Hessen.